Nun zu etwas ganz anderem…

I don’t care whether I’m remembered. As a matter of fact, there’s a lot of people who would like to forget about me as soon as possible, and I’m on their side! You know? Just … hurry up and get it over with. I do what I do because I like doing it, I do it for my amusement first, if it amuses you … that’s fine. I’m happy that you’ll participate in it. But, uh, after I am dead and gone, there is no need to deal with any of this stuff, because it is not written for future generations, it is not performed for future generations. It is performed for now. Get it while it’s hot, you know? That’s it.
Es ist mir egal, ob man sich an mich erinnert. Tatsächlich gibt es viele Leute, die mich so schnell wie möglich vergessen möchten, und ich bin auf ihrer Seite! Verstehen Sie? Beeilen Sie sich einfach und bringen Sie es hinter sich. Ich mache, was ich mache, weil es mir Spaß macht, ich mache es in erster Linie zu meinem Vergnügen. Wenn es Sie amüsiert … ist das in Ordnung. Ich freue mich, dass Sie daran teilnehmen. Aber, äh, wenn ich tot bin, müssen Sie sich mit all dem nicht mehr befassen, denn es ist nicht für zukünftige Generationen geschrieben, es wird nicht für zukünftige Generationen aufgeführt. Es wird für jetzt aufgeführt. Holen Sie es sich, solange es heiß ist, verstehen Sie? Das ist alles.
Sorry Frank, ich sehe das anders. I care whether YOU are remembered.
Mir ist Frank Zappas Musik zum ersten Mal begegnet irgendwann 1975 – es wahr wohl auf einer Fete in unserer Clique. Da waren zwei Jungs dabei, die anderthalb bis zwei Jahre älter waren als ich, und ich war 15.
Welche Musik hörte ich damals? Nun, ich war schon großer Fan von Pink Floyd, Genesis, Emerson, Lake & Palmer, Yes. Von King Crimson, Gentle Giant, Jethro Tull, Santana. Hard Rock der Art Deep Purple und Uriah Heep war mir geläufig, Queen, natürlich die Beatles. Erste kleinere Ausflüge in den Jazz und Jazz-Rock-Fusion hatte ich schon unternommen: Chick Corea, Billy Cobham, John MacLaughlin, Volker Kriegel, Jean-Luc Ponty.
Von einem amerikanischen Herren namens Frank Zappa kannte ich bis dato (wie viele andere auch) das Foto, auf dem er auf dem Klo sitzt, und die Tatsache, dass er von manchen »Bürgerschreck« genannt wurde.
Und dann drehten sich irgendwann 1975 LPs auf den Plattentellern unserer Feten mit Musikstücken, die mir zuerst befremdlich, aber gleichzeitig höchst attraktiv erschienen. Da klang natürlich Rock und R&B heraus, auch jazzige Elemente. Eine Leadgitarre, die völlig andere, verquere Phrasen spielte, als ich sie bisher kannte. Saxophone, Posaune, Schlagzeuge, die ständig Rhythmuswechsel vollzogen. Und all das hatte unglaublichen Mitsing-Charakter.
Und dann diese Texte.
Ich meine, ich kannte die bisweilen sonderbaren Texte der o.g. Progressive-Rock-Bands, aber was ich jetzt hörte – und zum Teil gar nicht richtig verstehen konnte (ich war 15 und kannte Schul-Englisch und Texte britischer Rockbands), entsprang einer gänzlich anderen Idee, musikalisch etwas auszusagen. Da ging es um Politik, um gesellschaftliche Entwicklungen, um das Kultur- und Musikbusiness, um allzu Menschliches aller Art, um Liebe und Sex abseits jeglichen romantischen Kitsches, den ich aus anderer Musik kannte – und verabscheute.
Aber da war mehr…
Ich merkte sehr schnell, dass diese Musik nicht nur bemerkenswert leicht »ins Ohr« ging, sondern gleichzeitig irritierend komplex war. Was wir hörten, war durchdacht, präzise durchkomponiert, perfekt arrangiert und kongenial perfekt eingespielt von großartigen Musikern.
Ich wusste damals noch nicht, auf welche Wurzeln diese Musik sich zurückführen ließ, aber sie war jedenfalls, etwas, das wir »geil« fanden.
Die Alben, mit denen ich Frank Zappa kennenlernte, waren, ungefähr in Reihenfolge:
- 1974: Apostrophe (‚)
- 1974: Roxy & Elsewhere
- 1973: Over-Nite Sensation
- 1972: Just Another Band From L.A.
- 1975: Bongo Fury
- 1975: One Size Fits All
- 1972: Waka/Jawaka
- 1971: Fillmore East, June 1971
Kaum ein Jahr später kannte ich alle bislang veröffentlichten Alben dieses Musikers und seiner Bands, was damals schon 17 Alben waren. In den Jahren danach kamen viele weitere dazu. Das war und ist bis heute ein unersetzlicher Schatz fantastischer Musik, die mich im Grunde mein ganzes Leben seit 1975 begleitet hat. Daran wird sich auch zukünftig nichts ändern.
Zu Zappas Lebzeiten haben er bzw. die Musiklabels insgesamt 62 Alben veröffentlicht. Der Zappa Family Trust (seine vier Kinder und seine 2015 verstorbene Frau Gail) hat bis heute weitere mehr als 50 publiziert. Darunter eine Unzahl an Liveaufnahmen, die Frank Zappa während seiner Laufbahn aufgezeichnet und neben allen kompositorischen Aufzeichnungen in einem riesigen Privatarchiv aufbewahrt hat. Er selbst hatte schon zu Lebzeiten immer wieder auf dieses Archiv zurückgegriffen.
Wurzeln, Stil und Wirkung
Zappas Musik wurzelt sowohl in der Musik seiner Jugend, vor allem dem frühen Rhythm&Blues und Doo-Wop, aber vor allem auch in seinen Begegnungen mit der klassischen Musik des 20. Jahrhunderts wie den Kompositionen von Edgar Varèse, Béla Bartók, Igor Strawinsky und Anton Webern.
Ausführlicher weiß das das Zappa Wiki Jawaka und die Wikipedia zu berichten. In ersterer Quelle findet sich ein wichtiges Zitat dazu, was Zappas Musik wirklich ausmacht – und wie er selbst es sah:
It’s all one album. All the material in the albums is organically related and if I had the master tapes and I could take a razor blade and cut them apart and put it together again in a different order it still would make one piece of music you can listen to…. I could do this twenty ways. The material is definitely related.
zitiert nach Zappa Wiki Jawaka
Zappa hat musikalische Stile und Traditionen aufgesogen und verarbeitet zu »seiner« Musik. Seine Musik blieb im Grunde über die rund 30 Jahre seines Schaffens immer dieselbe. Von der Instrumentation her wandelte sie sich über die Jahre, was sicher oft auch an den technischen Bedingungen lag, unter denen er sie aufführen konnte. Weniger an den Musikern, die er auswählte. Sie waren zu allen Zeiten weitestgehend wirkliche Meister ihres jeweiligen Faches – und sie waren jederzeit in der Lage, alle musikalischen Eskapaden mitzumachen, die ihm in den Sinn kamen.
Zappa war nicht nur ein ausgefuchster, kenntnisreicher Komponist mit großem Erfahrungsschatz, er war auch ein genialer Arrangeur, in der Lage und willens, seine Musik je nach Bedarf neu zu instrumentieren, zu arrangieren und mit anderen Rhythmen und Tempi zu unterlegen. Nicht selten überraschte er seine Konzertbesucher beispielsweise damit, ein altbekanntes Stück, dass bisher als flotte rockige Nummer geläufig war, als gänzlich neu instrumentieren getragenen Reggae aufzuführen. Oder ein bislang als eher kurzes Stück bekanntes Material als jazzige Improvisation über 20 Minuten auszuspielen.
Zappa war kein Rockmusiker, der gelegentlich jazzige Kompositionen und auch klassische Orchesterwerke schrieb. Er war ein Komponist, der Musik komponierte und arrangierte, die im Grunde musikalisch universell ist, sie hat klassische Wurzeln und ist stilistisch und instrumentell nahezu beliebig dreh- und wendbar.
Eben: So präzise seine Musik komponiert ist, so flexibel ist sie gleichzeitig. Hinzu kommt sein Genie als »Sampler«, wenn er in Studioproduktionen Live-Ausschnitte aus Konzertmitschnitten einwob. Beispielhaft legendär hierfür dürfte das im Studio produzierte Stück »Inca Roads« von seinem 1975er Studioalbum »One Size Fits All« sein, dessen (ebenfalls legendäres) Gitarrensolo von einem Konzertmitschnitt in Helsinki 1974 stammt.
Frank Zappas Musik ist aufgrund all dieser Eigenarten zeitlos, weil sie musikalisch nie zeitbedingt war. Sie ist zeitbezogen, wenn Zappa neue Stile einarbeitete.
Allerdings sind seine Texte eher nicht zeitlos, weil sie immer Zappas Kommentare zur Zeit darstellen. Man kann in seinem Textbuch förmlich wie in einem Kaleidoskop der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Befindlichkeit der (nicht nur) USA blättern.
Am Ende…
Ich blicke auf inzwischen ziemlich genau 50 Jahre mit der Musik Frank Zappas zurück. In dieser Zeit mag ich gealtert sein, nicht jedoch meine Liebe zur Musik meiner Jugend. Das sind auch die o.g. anderen Bands, aber vor allem Frank Zappa.
So:
I sincerely do care if YOU are remembered!
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