Mein WordPress-Dilemma

Ich lasse jetzt zu Beginn meiner folgenden Ausführungen schon mal etwas die Luft raus: Es ist alles lange nicht so schwerwiegend, wie es klingen mag. Und es geht eben auch nicht um Probleme, die nicht irgendwie lösbar wären. UND, was ganz wichtig ist: Es handelt nicht um eine Kritik an WordPress, dem Blogsystem, das diesem Blögchen zugrunde liegt.

Ich hole etwas aus…

Wo ich herkomme

Ich habe Webdesign autodidaktisch »von Hand« angefangen, das war so etwa 1996. Da habe ich, wie viele andere auch, HTML und CSS in einem geeigneten Editor geschrieben und immer, Schritt für Schritt, in den üblichen Webbrowsern geguckt, wie’s aussieht. Irgendwann hatten wir dann HTML 4.x und XHTML 1.x sowie CSS2, und es gab immer mehr ausgefeilte Gestaltungsmöglichkeiten. Ein paar Jahre lang machte ich das dann auch beruflich.

Schließlich begann die Blog-Ära, und ich war seit Ende 2003/Anfang 2004 dabei. WordPress war das Blogsystem meiner Wahl, und das hatte ab 2005 ein »Theme«, damals auch noch »Template« genannt, das hieß »Kubrick«.

Kubrick

Das war kein Ausbund an Schönheit, aber es war brauchbar und für einen halbwegs geübten HTML-, CSS- und PHP-Kenner wie mich gut editierbar. Ich fing an zu Basteln. Es dauerte nicht lange und ich hatte etwas für mich passendes erzeugt – als permanentes »Work in Progress« – das ich ohne Weiters als eigenes Theme auf der Basis von Kubrick bezeichnen konnte.

Dinge ändern sich

Rund zehn Jahre später, etwa um 2014 – es waren aus Sicht des Webdesigners und Bloggers spannende Jahre – hatte ich beruflich nichts mehr mit der Materie zu tun, und auch mein privates Interesse war etwas erlahmt. HTML 5 und CSS3 waren inzwischen gekommen, aber ich hatte kein größeres Interesse mehr. Meine beiden Blogs standen gestalterisch gut, so, wie sie waren. Dann schaffte ich beide ab zugunsten eines einzigen, das auf meiner Namens-Domain laufen sollte. Das tut es bis heute und du, geneigter Leser, liest gerade darin.

WordPress 4.x und alles, was folgt

WordPress bringt ab der 4er-Version regelmäßig neue, responsivere Themes und schließlich mit der 5er-Version den grafischen Gutenberg-Editor. Die Entwickler zeichnen klar den Weg zu »Full Site Editing« (FSE) vor.

Full Site Editing

In diesem Zeitraum um 2014 stehe ich an der Weggabelung, die für mich tatsächlich keine ist:

Der eine Weg führt in die Zukunft, der andere ist versperrt. Es ist ein »Point of no Return«. Webdesign alter Schule ist mindestens für mich Vergangenheit, Geschichte. Webdesign heute ist FSE mit geeigneten Handwerkzeugen.

WordPress ist die Betriebsbasis eines großen Teils der Websites weltweit, und die Entwicklergemeinde treibt das Projekt stetig und zügig voran. Das heißt auch, dass es ein ständiges »Work in Progress« ist, und so ist auch der FSE-Editor Gutenberg bis heute nicht fertig.

Dem gesetzten Ziel, jedem Menschen, der WordPress nutzen will, ein Tool an die Hand zu geben, mit dem er das persönliche (oder kommerzielle) Webprojekt gestalten kann, ohne hierzu Webentwickler sein zu müssen, kommt die Entwicklergemeinde mit jeder Version näher.

Ach ja, mein Dilemma

Genau hier setzt mein Dilemma an. WordPress bringt jedes Jahr im Herbst, meist zusammen mit einem WordPress-Upgrade, ein neues Standard-Theme für das folgende Jahr, das die Jahreszahl in Worten als Namen erhält. Das aktuelle Theme heißt also »Twenty Twenty-Five«.

Diese Standard-Themes sind immer auf dem neusten Stand des Full Site Editings und bringen eine wachsende Zahl an Seiten-/ Seitenteil- und Inhaltsvorlagen mit – Templates und Patterns. Unmittelbar damit verbunden sind erweiterte Möglichkeiten des integrierten Editors Gutenberg.

Ich nutze regelmäßig diese Standard-Themes als Ausgangspunkte für ein Blogupdate. Das jeweils neue Theme ist denn auch immer der Ausgangspunkt für meine eigenen Anpassungen. Kein Theme kommt von Haus aus so herein, dass ich nicht doch einige kleinere Änderungen vornehmen will. Meist betrifft das zuerst die Gestaltung und inhaltliche Aufteilung der Seitenköpfe und -füße (Header und Footer). Anschließend passe ich Blockabstände, vor allem für Textabsätze und Überschriften, an. Es sind in der Regel kleine Anpassungen, die die grundsätzliche Optik des Themes nicht wesentlich verändern. Oft bieten die Themes selbst inzwischen vorgefertigte Stile (Styles) und Vorlagen (Patterns), die größere visuelle Veränderungen herbeiführen als ich es mit meinen Detailarbeiten tue.

Was, wo, wie?

Das Dilemma ist nun, dass ich aus alter händischer Webdesign-Tradition schnell Entscheidungen treffe, welche Anpassungen ich behutsam vornehmen will, bei der Ausführung dann aber oft erst einmal ziemlich ratlos bin, wo ich genau angreifen muss und welche Blöcke ich eigentlich bearbeiten muss – und wie diese wiederum mit anderen Blöcken verknüpft sind.

Das führt oft zu frustrierenden Momenten, weil die betreffenden Blog-Komponenten nicht so reagieren, wie ich denke, dass sie reagieren müssten. Dann ist Ursachensuche angesagt und es stellt sich häufig heraus, dass ich entweder an einer ganz falschen Stelle Veränderungen vorgenommen habe, oder weil der betreffende Block in einen anderen eingebettet ist und die Veränderungen im übergeordneten Block vorgenommen werden müssen. Oder es kommt ab und zu vor, dass eine erwartete Stellschraube in einem bestimmten Block gar nicht funktioniert, weil im Editor keine derartige Stellschraube eingerichtet ist.

Dann würde es spätestens notwendig werden, mit einem Code-Editor direkt in die das Theme bestimmende theme. json zu gehen, dort die zugehörige Position zu finden und manuell zu ändern. Spätestens jetzt sollte man dringend auf Basis des Themes ein »Child-Theme« zu definieren und dort eine spezifische, ergänzende theme.json anzulegen. Die Originaldatei könnte nämlich bei einem Theme-Update überschrieben werden und dann wären alle manuellen Eingriffe verschwunden.

Selbstkontrolle

Ich bin also in der Zwickmühle, einerseits die vom FSE Gutenberg vorgegebenen Möglichkeiten zu nutzen, dies gleichzeitig aber mit meinen althergebrachten Gewohnheiten abzustimmen. Das ist manchmal das Arbeiten im Grenzbereich dessen, was ich gerade noch überblicke. Im Zweifelsfall verzichte ich auf tiefere Eingriffe in die Kerndateien des Themes und begnüge mich mit den Möglichkeiten, die der Editor bietet. Ich müsste viel zu viel neu lernen, um die codebasierten Möglichkeiten im Detail nutzen zu können – und das lediglich deswegen, um kleine Details in der Gestaltung meines Blogs verändern zu können.

Das ist es mir nicht (mehr) wert, und die Möglichkeiten des FSE sind inzwischen derart umfangreich, dass ich auch damit eine sehr reichhaltige Spielwiese zur Verfügung habe.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die vielen Entwickler von WordPress und auch die Entwickler der Themes wirklich großartige Arbeit leisten. Es ist Arbeit, die kein festes Ziel hat, das irgendwann erreicht sein wird. Auch das ist »Work in Progress«.

Mein Artikel soll also, wie eingangs geschrieben, keine Kritik an WordPress sein, ganz im Gegenteil!

Es ging mir um meinen persönlichen Bezug dazu, meinen Umgang damit und die ganz spezifische Problematik, die mich immer wieder, auch heute und die nächsten Tage bis Wochen, bei der Arbeit an meinem Blog begleitet.

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Kommentare

13 Antworten zu „Mein WordPress-Dilemma“

  1. Wow, deine Vita in Sachen Webdesign entspricht weitgehend der meinen: 96 händisch angefangen, dann alles mitgemacht bis hin zum Umstieg/Einstieg WordPress. Dann allerdings hab ich „machen lassen“, also ein Theme in Fotoshop kreiert und es von einem Programmierer umsetzen lassen – der es tatsächlich noch auf Basis eines „blank themes“ hergestellt hat. In Sachen Geschwindigkeit ist das bis heute sehr gut im Vergleich zu allem, was auf umfangreichen Themes von der Stange aufbaut.

    Dem Gutenberg verweigere ich mich bis heute. Habe damit in einer Testumgebung rumgespielt und bin nicht damit warm geworden. Das ist allerdings schon wieder ein paar Jahre her, deshalb hab ich deinen Bericht mit großem Interesse gelesen. Was du schreibst, widerspricht allerdings deutlich der eingangs zitierten Intention der WP-Entwickler: Es ist offenbar immer noch alles andere als einfach, eine eigene Blogoptik zu erzeugen!

    Aber ich werde doch mein Testblog mal updaten und wieder ein wenig rumspielen…

    1. Boris (Autor)

      Es ist einfach und gleichzeitig nicht. Oder so.

      Ohne ein Grundverständnis, wie Webseiten strukturell aufgebaut sind, und wie WordPress-Seiten speziell, geht auch mit einem FSE wie Gutenberg ziemlich gar nichts. Da kommt mir mein ‚alter‘ Erfahrungsschatz natürlich gerade passend.

      Aber wie an meinem Beispiel zu sehen ist, braucht man keinerlei höhere Kenntnisse in den neueren Auszeichnungsmethoden von HTML5 und CSS3.

      In meinem vorangegangenen Beitrag zu WordPress 6.7 nebst Twenty Twenty-Five schrieb ich ja, dass für weniger kenntnisreiche Blogger:innen mit Stilen, Vorlagen und Templates ausgesprochen vielfältige Handwerkszeuge zur Gestaltung zur Verfügung stehen. Damit ist es durchaus möglich, in ganz kurzer Zeit eine eigene Optik „zusammenzuklicken“. Das meine ich wirklich positiv.

      Das ist wirklich einfach und zum Verständnis gibt es eine ganze Reihe von verständlichen Einführungen (in englisch und deutsch) zu allen wichtigen Aspekten des Block-basierten Full Site Editings in WordPress.

      Und übrigens, man kann beim noch unerfahrenen Basteln kaum etwas kaputt machen, denn es ist jederzeit möglich, alle vorgenommenen Anpassungen zu revidieren und zum Ausgangspunkt zurückzukehren.

  2. Ich wollte auch lange Jahre nichts mit Gutenberg zu tun haben.

    Ich habe auch mit html/Css angefangen und fühle mich lange damit sehr wohl.

    Zeitweise habe ich auf meiner Testumgebung mit dem Gutenberg herumgespielt.
    Ich bin jetzt umgestiegen, es ist eine große Umgewöhnung, aber ich komme so weit jetzt klar.

  3. Ich mag Gutenberg. Aber nur, um Texte zu erstellen. Mit den FSE-Themen stehe ich auf Kriegsfuß. Bei mir kommt, wenn ich den Gutenberg-Editor nutze, nie das raus, was ich will. Aktuell nutze ich ein FSE-Theme. Allerdings habe ich das Theme mit einem Texteditor geändert.

  4. @Boris: Wäre es denn aus Deiner Sicht als mittlerweile kundiger FSE-User möglich, die Optik meines Digital Diarys wiedererkennbar umzusetzen?

    1. Boris (Autor)

      Grundsätzlich sehe ich da kein Problem. Allerdings wäre es wahrscheinlich sinnvoll, ein Basis-Theme zu finden, das defaultmäßig für große Viewports zweispaltig ausgelegt ist und nur für schmale Viewports auf Einspaltigkeit umschaltet.
      Die letzten Standardthemes von WordPress bauen alle auf Einspaltigkeit. Aber auch das müsste sich mit dem Editor umbauen lassen.
      Ich weiß allerdings nicht, wie man das bewerkstelligt, da ich mich überhaupt nicht damit beschäftigt habe.
      Die letzten Standardthemes kamen jeweils so daher, wie es meinen Vorstellungen entsprach, als Einspalter.

      Tatsächlich habe ich von der Quelltextseite her sowohl beim HTML als auch beim CSS keinen Schimmer, wie diese „Responsiveness“ in Bezug auf den darstellenden Viewport realisiert wird.

      1. Boris (Autor)

        Ergänzend:
        Dein Blog ist ja weniger Zweispalter als Einspalter mit Sidebar. Ich glaube mich zu erinnern, dass eines der etwas früheren Standardthemes (Twenty Twenty-irgendwas) besser für so eine Variante vorbereitet war als das jetzige, neue Standardtheme.

        Wobei sich, wie mir gerade einfällt, die Frage stellt, warum ein schon bestehendes Layout unverändert nachträglich in einem visuellen Editor, der eigentlich für Block-Themes ausgerichtet ist, umgesetzt werden sollte.

        Das Theme ist ja schon da. Und wenn es schon da ist und funktioniert und vor allem erhalten werden soll, ist ja alles gut. Der Editor hat dann nur die Aufgabe, Beiträge und andere Inhalte zu erfassen. Dann loggt man sich mit einem gering berechteten Autor-Account ein und kann inhaltlich strukturierten Content erzeugen.

        Ich habe seinerzeit bei der Umstellung auf Block-Themes und Gutenberg mein Layout komplett neu aufgebaut. Wohl wissend, dass ich immer wieder und weiter daran basteln werde und deswegen eine konsistente Editierbasis benötige.

  5. Danke für deine Einschätzung! Wenn ich das richtig verstehe, meinst du, ich solllte/könnte den Gutenberg-Editor verwenden, ohne Theme-Neubau. Derzeit nutze ich noch den Classic Editor und Classic Widgets – einfach aus Sorge, die Dinge zu vermischen. Ich schreibe ja nur Text, selten ein Bild – und das geht „klassisch“ ja nach wie vor problemlos.

    1. Boris (Autor)

      Dann besteht doch eigentlich, soweit ich sehe, kein Anlass, den Gutenberg-Editor zu nutzen. Der ist ja darauf ausgelegt, Inhalt in Blöcken zu strukturieren. Ich glaube, ohne es genau zu wissen mangels eigenem Test, dass der zwar auch ganz ohne Blockstrukturen „classic“ kann, aber man gewinnt dabei nix. Ich vermute mal, dass er den Textinhalt eines klassisch erzeugten Blogbeitrags als einen großen Block darstellt. So sahen seinerzeit jedenfalls meine alten statischen Seiten aus (Impressum usw.), als ich auf den FSE umgestiegen bin: Header-Block, Text-Block, Footer-Block.

      Ich weiß allerdings nicht, was man bekommt, wenn man darin plötzlich zu gestalten anfängt. Das sollte zwar auch ohne Katastrophen funktionieren, ergäbe aber wahrscheinlich ein seltsames Struktur-Gemisch.

      Laut dem WordPress Theme Guide, in dem ich gerade lese, kann es jedenfalls problemlos solche Hybrid-Konstrukte geben, die irgendwo zwischen Block-Theme und Classic-Theme liegen.

    2. Du kannst mit einem klassischen Theme den Gutenberg-Editor nutzen, um Texte zu erstellen. Das mache ich, da ich sehr oft auch klassische Themen nutze, schon sehr lange. Ich sehe da kein Problem drin. Wenn ich es richtig weis, hat da nix mit deinen Classic Widgets zu tun.

  6. @claudia
    Installiere dir doch auf einer subdomain WordPress, importiere deine Datenbank und Theme und lerne den Gutenberg kennen, ja dauert …

  7. Danke für den interessanten Artikel.

    Das hier ist in diesem Zusammenhang vlt auch von Interesse:
    [Gutenberg-Redakteur vs. Full Site Editing (FSE): Was ist der Unterschied?](https://olliewp.com/gutenberg-editor-vs-full-site-editing-fse/)

    1. Boris (Autor)

      Im ersten Moment macht die Unterscheidung Gutenberg-Editor vs. Full Site Editor natürlich keinen Sinn, denn es handelt sich in beiden Fällen um denselben Editor. Früher gab es den Gutenberg mal als eigenständiges Editor-Plugin. Heute ist die Funktionalität längst integriert.

      Aber ich könnte mir vorstellen, dass es dem Autor des verlinkten Artikels um etwas anderes geht, nämlich ein Phänomen, das ich auch schon einmal thematisiert habe.

      Deswegen lese ich jetzt mal den Artikel…

      Wie ich vermutet habe: Der Autor bezieht sich wohl auf das frühe Stadium des Gutenberg, wo es diesen (auch) als Plugin gab. Ein anderer kundiger Kommentator hat das dort nochmal rekapituliert als Phase 1 des neuen WordPress. Volle FSE-Möglichkeiten repräsentieren inzwischen Phase 3 dieses Prozesses.

      Ich habe dort hinzugefügt, dass man die beschriebenen scheinbar eingeschränkten Möglichkeiten des Gutenberg erreicht, indem man sich in der Rolle eines Redakteurs (Editor) einloggt. Voller FSE-Umfang ist dagegen nur in der Rolle eines Administrators möglich.

      Ich hatte das mal in einem eigenen Artikel thematisiert, als mir manches noch nicht so klar war.

      Es gibt im aktuellen WordPress, seit 6.x, nur noch den Site Editor (also FSE) und den alten Classic Editor. Das Gutenberg-Plugin, so man es noch hat, kann man rauswerfen.

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