Verschwörungen. Blasen. Wahrheit und Wirklichkeit. Etwas Erhellung geschaffen im Anschluss an die Beschäftigung mit einem wesentlichen Aspekt des aktuellen Zustandes unserer Gesellschaft(en). Hierzu unbedingt (Lesebefehl!) den verlinkten Artikel aus »The Atlantic« lesen. Auch wenn er amerikanisch ist.
Faktenchecks. Jemand guckt auf irgendeiner dieser einschlägig bekannten Plattformen ein Video, oder liest einen Text, zu einem drängenden Problem unserer Zeit. Der Inhalt lässt ihn oder sie etwas ratlos zurück. Was wird da als Fakt behauptet?
Die Person ruft eine Faktencheck-Website auf und versucht nachzuprüfen, ob der gerade aufgenommene Inhalt wirklich den Tatsachen entspricht.
So weit die The… VERGISS DAS EINFACH!
Scheiße im Quadrat, bzw. Rechteck
Menschen, die im Netz Beiträge konsumieren, in denen ihnen schlicht Scheiße, vom Pferd, erzählt wird, dreiste Lügen also, oft höflich »Geschwurbel« genannt, tun das, WEIL sie genau diese Scheiße erzählt bekommen WOLLEN. Sie haben sich längst aus der wirklichen Welt verabschiedet, weil sie sich einmal haben eintrichtern lassen, dass sie den seriösen Medien (»Systemmedien«) nicht trauen können. In der wirren, faulen Logik dieser Menschen sind auch alle Faktenchecks Teil der Verschwörung.
Typen wie ich nutzen Faktenchecks. Ok, selten. Sie haben einen Bestätigungseffekt, dienen der Selbst-Vergewisserung. Ich sehe eine Sachlage so, wie sie ist, ich informiere mich eben aus seriösen Quellen, und der Faktencheck bestätigt mir das. Eigentlich überflüssig, aber eben nett.
Ich weiß ja zuverlässig, dass dieser eine Typ da in seinem lächerlichen YouTube-Fensterchen seines »Channels«, in dem er als ressentimentgeladener, aufmerksamkeitsgeiler, aber abgehalfterter Ex-Journalist sein Dasein fristet, Lüge um Lüge auftischt. Er kann, und er wird, Scheiße erzählen, wie gerade Lust hat. Er wird Leute beschimpfen, beleidigen und verunglimpfen, weil er es kann. Und weil er nichts anderes mehr kann – und weil er ein williges, dressiertes Publikum aus Realitätsflüchtigen gefunden hat, denen er jeden Schwachsinn verkaufen kann.
Ach, und weil diese heruntergekommenen Plattformen ihm all das geil händereibend ermöglichen. Weil sie besonders mit Scheiße jedweder politischen Art, mit Lügen, Hass und Hetze das meiste Geld verdienen. Weil ihre Scheiß-Algorithmen genau darauf ausgelegt sind. Das ist nicht zufällig so, das ist volle Absicht.
Degradation
Ich bin überzeugt, wir erleben gerade Auflösungs- oder Zersetzungserscheinungen unserer Gesellschaften. Vielleicht kann man das als Endzeitphänomen lesen – neigen übersättigte Wohlstandsgesellschaften zur Degenerierung? Man hört und liest oft, die Medien (und das Internet) verblöden die Menschen. Aber sollten wir ernsthaft annehmen, dass es da eine aktive und eine passive Seite gibt? Medien bestehen aus Menschen.
Das Phänomen ist übrigens gar nicht neu. Vor über fünfzig Jahren bereits schrieb ein aufmerksam beobachtender Schriftsteller, James Graham Ballard, Romane und Erzählungen, in denen er sich akribisch mit solchen Entwicklungen auseinandersetzte. Dystopien von degradierenden, degenerierenden Gesellschaften und Sub-Gesellschaften. Was in seinen Geschichten meist in Gewaltexzessen und Agonie endet.
Beim Lesen des o.g. Artikels von Charlie Warzel im »Atlantic« dachte ich unmittelbar an den Ballard’schen Roman »High-Rise« (deutsch: Der Block, später: Hochhaus und High-Rise) von 1975, deutsch ab 1982, den ich wenige Jahre später gelesen habe.
Der Leser erlebt den unaufhaltsamen Niedergang einer Gemeinschaft (Sub-Gesellschaft) von Hochhausbewohnern in einer Hochhaussiedlung. Die langsame Degradation einer Gemeinschaft bis hinein in Gewaltexzesse und Chaos, die final übergreift auf die anderen Hochhäuser.
Die Sub-Gesellschaften bei Ballard, die sich zunehmend – und zusehends – isolieren und aus jedem ehemals übergreifenden gesellschaftlichen Konsens verabschieden, sind womöglich nichts anderes als das, was wir heute »Blasen« nennen. Sich sukzessive herausbildende Sub-Gesellschaften mit jeweils eigenem, sich verselbstständigendem medialen Überbau, die sich ihre eigenen Narrative bauen, ihre je eigenen Wahrheiten und Wirklichkeiten.
Und wir konnten schon längst erste Ausstrahlungen erleben, wie unsere heutigen »Blasen« sich übergriffig gewalttätig gegen Protagonisten des vermeintlichen »Mainstreams« richten.
Ist das der Weg, den menschliche Zivilisationen unweigerlich gehen – müssen? Der Weg in den Abgrund?
Schreibe einen Kommentar zu Horst Schulte Antworten abbrechen